Graffiti mit Bezug zum MineralwasserGraffiti mit Bezug zum Mineralwasser

Neue Bilder zieren die Wand des Bahndamms an der Kasseler Straße - Aktion im Rahmen des Quellenfestes

Mit ihren beiden großflächigen Graffiti an der Wand des Bahndamms in der Kasseler Straße wollen die drei Künstler Hera, Akut und Case Passanten und Autofahrer zum Nachdenken anregen. Neben dem in düsteren Farben gehaltenen Kartenspiel aus dem vergangenen Jahr prangt seit einigen Tagen ein farbenfrohes Graffiti. Es nimmt direkt Bezug zum kostbarsten Schatz der Quellenstadt, seinem Mineralwasser.

In großen Buchstaben prangt über der Darstellung der Satz: „Und dann wurde uns klar, dass in unserem Wasser etwas ganz besonderes war". Zu dieser Erkenntnis gelangen die beiden auf dem Graffiti abgebildeten Figuren. Bei ihnen handelt es sich um zwei futuristische Wissenschaftler. Sie rahmen eine in einem großen Bassin schwimmende Meerjungfrau ein. Am linken Rand der Szene schwimmt ein Goldfisch in seinem Glas. Der linke Wissenschaftler kippt in das Gefäß mit der Meerjungfrau zwei Flaschen mit Vilbeler Mineralwasser. Sein rechts sitzender Kollege notiert auf seinem Block die Reaktion der Jungfrau und des Goldfisches auf das zum Einfüllen bereit stehende Mineralwasser.

„Die Meerjungfrau schwimmt im Vilbeler Mineralwasser. Das macht die Besonderheit dieses Kunstwerkes aus", betont Künstlerin Hera alias Jasmin Siddiqui aus Frankfurt. Zusammen mit „Akut", dessen bürgerlicher Name Falk Lehmann lautet und der aus Schmalkalden in Thüringen kommt, studierte sie Kommunikationsdesign und visuelle Kommunikation im Bauhaus in Weimar. Dritter im Bunde der Graffitikünstler ist Andreas von Chrzanowski, in einschlägigen Kunstkreisen bekannt als Case. Der Thüringer lebt seit zwei Jahren in der Mainmetropole und studierte in Erfurt Restaurierungen.

Ihre Graffititechniken brachten sich die Künstler selbst bei. Inzwischen haben sie eine eigene Bildsprache entwickelt und sich mit ihren Arbeiten an die Spitze einer weltweiten Kunst-Bewegung gesetzt. Die drei Künstler sind mit ihren Graffiti auf Mauern und Wänden im öffentlichen Raum und auf großformatigen Papierbögen in der ganzen Welt bekannt. Nach Bad Vilbel kam das Trio direkt aus New York, wo Arbeiten von ihnen zurzeit in einer Galerie zu sehen sind. Nach der Auftragsarbeit in der Quellenstadt reisten sie zu Ausstellungen weiter nach Asien und Afrika.

„Nach einer Skizze bearbeiten wir die Entwürfe oder Fotos wie das vom Goldfisch am PC. Dort legen wir Effekte und Formen fest", beschreibt Akut den Entstehungsprozess des legalen Graffitis. Im zweiten Schritt erfolgt die freie Übertragung der Vorlage auf die jeweilige Fläche. Beim Sprühen mit den Farbspraydosen und durch die Untergrundflächen ergeben sich Detailveränderungen und Verfremdungen.

Immer wieder blieben am Samstag und Sonntag Passanten stehen. Sie nutzten die Gelegenheit, den drei Sprayern bei ihrer Arbeit über die Schulter zu schauen und mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Vor allem mit der Symbolik der im vergangenen Jahr zum Quellenfest entstandenen Graffiti beschäftigen sich die Bürger. So wollten sie von Hera wissen, worauf sich der Satz „Sei froh, dass ich mich nicht wehren kann" bezieht. Gesagt wird er von der Figur mit dem Eierkopf, die rechts von den beiden Kartenspielern steht. „Diese Figur steht für das ganz junge Leben. Ihr fehlen Augen, Mund und Nase". Mit ihrer Bemerkung wolle sie deutlich machen, dass sie zwar jung sei, aber trotzdem bemerke, was sich in der Szene vor ihr abspiele.

Der links stehende Kartenspieler mit dem Schädel symbolisiere das Alter und den Tod. Er hat ein As in der Hosentasche und will seinen Mitspieler offensichtlich betrügen. Der Mitspieler in der Mitte der Dreierkonstellation hat im Gegensatz zur links abgebildeten Figur schon Augen, befindet sich aber noch in der Entwicklung.

Die Bildsprache der neuen Graffiti ist offensichtlicher. Sie erschließt sich den Betrachtern leichter.

Im Laufe der Jahre soll sich der Bahndamm in der Kasseler Straße durch weitere Graffiti in eine Kunstmeile verwandeln. Von den illegalen Graffitikünstlern in der Quellenstadt werden die beiden Kunstwerke akzeptiert und nicht durch eigene Schriftzüge oder Darstellungen beschädigt. Das Künstlertrio gestaltete auch die Bilder in der Unterführung am Nordbahnhof, mit denen auf zwei Aufführungen bei den Burgfestspielen hingewiesen wird.


Aus: Wetterauer Zeitung, 5. Juni 2009, Christine Fauerbach